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Mit Zuversicht aus der Sucht

Mit Zuversicht aus der Sucht

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Jakob Surkemper

Der Fachdienst Sucht der Diakonie ist auf Spielsucht spezialisiert. Markus S.* war hier nach der stationären Therapie in guten Händen.

An der Wand hängt abstrakte Kunst in warmen Gelbtönen und etwas komplementärem Blau. Markus S. sitzt an einem kleinen Tisch in der Suchtberatungsstelle der Diakonie in Herten. Angela Buschmann-Rorowski, Diplompsychologin und Leiterin des Fachdienstes Sucht der Diakonie im Kreis Recklinghausen, begrüßt den 46-Jährigen freundlich und erkundigt sich nach seinen Suchtgedanken. „Überhaupt keine“, kann der ehemalige Klient vermelden. Er ist heute lediglich zu einer Nachbesprechung in die Beratungsstelle gekommen. Gut zwei Jahre zuvor war die Situation noch eine komplett andere: Markus S. war onlinespielsüchtig. Bis zu 400 Euro am Tag verzockte er auf einer Lotterieseite im Netz.

Schulden im fünftstelligen Bereich

Schon früher hatte er gelegentlich Lotto gespielt und war irgendwann zufällig auf die Seite gestoßen. „Dann ging das recht schnell“, erinnert er sich. Nach anfänglichen kleinen Gewinnen verspielt er schnell immer mehr Geld. Am Ende hat er Schulden im hohen fünfstelligen Bereich angehäuft. Vor seinem sozialen Umfeld verheimlicht er die Sucht, was zu einer immer größeren Belastung führt: „Ich konnte nachts kaum noch schlafen, bin manchmal alle zehn Minuten aufgewacht“, erinnert er sich. Seine Frau habe zwar bemerkt, dass etwas nicht stimmt, doch der Hinweis auf Stress auf der Arbeit habe als Begründung vordergründig ausgereicht – bis Markus S. im April 2020
psychisch zusammenbricht und erst mit seiner Frau, dann mit den Eltern reinen Tisch macht.

Kindheit und Arbeitsstress

Er sucht sich Hilfe in einer ambulanten Beratungsstelle in Dorsten. „Mir war aber eigentlich schon klar, dass ich eine Zeitlang komplett aus meinem Alltag raus muss“, sagt er. Von Juni bis November 2020 ist er stationär in einer auf Suchterkrankungen spezialisierten Klinik in Gütersloh untergebracht und arbeitet dort auch die Hintergründe der Sucht auf. Dabei spielte wohl ein Positionswechsel auf der Arbeit eine auslösende Rolle. Markus S. hatte gut zwei Jahre zuvor eine Führungsposition übernommen. „Mein Problem war: Ich wollte es immer allen recht machen. Heute ist mir klar, dass das in einer Führungsposition nicht geht. Da muss man auch mal unbequeme Entscheidungen treffen.“ „So etwas kann ein Auslöser sein“, weiß Diplompsychologin Angela Buschmann-Rorowski. „Die Disposition zu Suchtverhalten wird aber oft schon in der frühen Kindheit gelegt.“ 

Rückfallwahrscheinlichkeit sinkt durch Nachbetreuung 

Gerade bei Spielsucht seien Rückfallquoten mit rund 60 Prozent relativ hoch. Durch die Nachbetreuung sinke die Rückfallwahrscheinlichkeit aber. Und gerade bei Markus S. ist die Suchttherapeutin zuversichtlich. Sie hat ihn nach der stationären Therapie wöchentlich ambulant betreut und unterstützt, auch im Alltag dauerhaft abstinent zu bleiben. Dies sei für die meisten der einzige Weg, ähnlich wie bei einer Alkoholsucht. Für Markus S. kam auch eine Veränderung der beruflichen Situation zurück zu einer Position mit weniger Verantwortung hinzu. „Ich wollte das erst nicht, aber es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung“, ist sich der 46-Jährige heute sicher. Spielen tut er jetzt nur noch mit seinem Sohn. „Selbst das Mensch-ärgere-Dich-nicht-Spiel fühlte sich am Anfang komisch an.
Aber mittlerweile geht das.“ 

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