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Alles andere als Schachmatt
Dass Jung und Alt zusammen spielen, ist beim Schach ganz normal und auch gewünscht. Jugendleiter Olaf Boxberg (r.) erklärt der achtjährigen Anna Muhlenbrock ein paar Züge. Foto: Volker Beushausen

Alles andere als Schachmatt

Lesedauer: ca. 3 Min. | Text: Dr. Felicitas Bonk

Schach ist old-school? Wer das denkt, liegt falsch. Das Spiel ist beliebter denn je. Das merken auch die Schachvereine im Ostvest.

Eigentlich dachte ich, dass es durch Pandemie und Lockdown einen Einbruch bei den Mitgliederzahlen geben würde. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Seit letztem Sommer erleben wir einen enormen Zulauf“, sagt Jan Bialas, Vorsitzender des SV Datteln 1924 e.V. Das könne natürlich an der Drama-Miniserie „Das Damengambit“ liegen, die einen regelrechten Schach-Hype ausgelöst hatte. Doch der 30-Jährige hat eine andere sehr plausible Erklärung.

Eines für alle, alle für eines

Das königliche Spiel, wie Schach auch bezeichnet wird, hat nämlich einen ganz entscheidenden Vorteil. „Schach ist ein Spiel, dass jeder immer und zu jeder Zeit spielen kann – auch allein. Der einzige Gegner, den man braucht, sind Computer, Tablet oder Smartphone“, erklärt Jan Bialas. Ob nun Lockdown ist oder nicht, Spielzüge überlegen und sich mit anderen messen kann man immer, auch ohne physisch zusammenzusitzen.

Ähnliche Erfahrungen hat der Schachverein Erkenschwick 1923 e.V. während der Pandemie gemacht. „Wir haben eine positive Mitgliederentwicklung beobachtet, was auch daran liegt, dass wir nicht komplett pausiert, sondern einfach andere Plattformen aufgebaut haben. So gab es bei uns Online-Training – was besonders bei den Kindern zu tollen Entwicklungen geführt hat – und Outdoor-Schach. Diese Formate sind sehr gut angekommen“, sagt der Vorsitzender Frank Strozewski.

Schach als Generationenspiel

In Datteln haben viele Mitglieder sogar erst in der Pandemie zum Schach gefunden. Für Jan Bialas selbst liegt die Faszination des Brettspiels allerdings woanders, wie er erzählt. „Ich mag die Vielseitigkeit. Schach ist nämlich ein Spiel für jeden.
Man kann es in jungem Alter erlernen oder im Seniorenalter, Kinder können gegen Erwachsene spielen, man kann hobbymäßig unterwegs sein oder auf Leistungsebene sogar an Wettbewerben teilnehmen.“

Wie gut das Zusammenspiel von Alt und Jung funktioniert, zeigt sich auch beim Schachverein Waltrop 1922 e.V. „Unser ältestes Mitglied ist eine Dame, die über 90 Jahre alt ist, und unser jüngstes ein fünfjähriger Junge. Das Alter spielt bei uns keine Rolle – im Gegenteil. Gerade weil wir so eine gemischte Gruppe sind, haben wir im Verein einen tollen Zusammenhalt“, meint der Vorsitzende Wilfried Krolik.

Ein bisschen wie Fußball – nur anders

Zusammenhalt ist auch für den SV Datteln 1924 wichtig, der mit drei Mannschaften in unterschiedlichen Ligen unterwegs und erfolgreich ist. Der 19-jährige Timo Schneider ist Mannschaftsführer der zweiten Mannschaft und schon seit über sieben Jahren im Dattelner Schachverein aktiv. „Mich fasziniert und motiviert die Herausforderung, einen starken Gegner besiegen zu können. Beim Schach ist alles möglich. Meine längste Partie hat übrigens mal über sechs Stunden gedauert“, sagt er.

Jan Bialas (l.) und Timo Schneider aus dem Vorstand sind auch bei Schach-Turnieren erfolgreich dabei. Foto: Volker Beushausen
Jan Bialas (l.) und Timo Schneider aus dem Vorstand sind auch bei Schach-Turnieren erfolgreich dabei. | Foto: Volker Beushausen

Dass alle eine echte Begeisterung für das Spiel hegen, ist nicht zu übersehen. Und die geben sie – gemeinsam mit einer Menge Wissen – auch an den Nachwuchs weiter. Bei allen drei Vereinen finden mehrmals in der Woche Schach-Gruppen für Kinder ab fünf Jahren statt, bei denen diese ganz einfach an das Spiel herangeführt werden. „Dazu nutzen wir spezielle Trainingsunterlagen, und es gibt zwischendurch kleine Prüfungen zur Motivation der Kinder“, erzählt Timo Schneider.
„Ich möchte mein Königsdiplom machen“, ruft der neunjährige Luca wie bestellt aus einer Ecke.

Gemeinsam mit Anna, Isabella und vier weiteren Kindern besucht er regelmäßig das Training und hat dabei sichtlich Spaß. Denn wer gut aufpasst, kann beim Schach schnelle Erfolgserlebnisse erzielen – ganz unabhängig vom Alter. Reinschnuppern darf bei allen Vereinen übrigens jeder gerne. „Wir raten immer, ein paar Mal zum Schnuppern vorbei zukommen und zu gucken, ob man sich wohlfühlt. Ausrüstung oder Material braucht man nicht, das stellt alles der Verein. Und einen Gegner findet auch jeder. Bei uns steht niemand alleine rum“, sagt Jan Bialas. Ordentlich geschnackt werden darf übrigens auch. Denn eine angestaubte Bibliotheksatmosphäre hat hier ebenso wenig Platz wie die uralten Vorurteile über Schach.

Info
Lust auf Schach?

Diese Vereine gibt es im Ostvest:
SV Datteln 1924 e.V.
www.sv-datteln-1924.de

Schachverein Erkenschwick 1923 e.V.
www.schachverein-erkenschwick.de

Schachverein Waltrop 1922 e.V.
www.schachverein-waltrop.de

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